Leben und Wirken

Leben und Wirken des Gründers der Fritz und Margot Faudi-Stiftung 

Die Zeit von 1875 - 1922 

Johann Friedrich Faudi - genannt Fritz Faudi - wurde am 23. Januar 1875 in Grenzach/Lörrach als Sohn des Hauptlehrers Johann Faudi und seiner Ehefrau Sara geboren. Sein Vater hat ihn streng und autoritär erzogen. Schon früh fiel er in der Schule durch ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl auf; er zögerte nicht, dieses auch zum Ausdruck zu bringen. Fritz Faudi wuchs in dem Dreiländereck auf, wo sich die Schweiz, Frankreich und Deutschland berühren. Dies weckte und förderte bei ihm das Interesse und das Verständnis für andere Länder und Kulturen. Hier liegen wohl die Wurzeln für die frankophilen Neigungen, die sein gesamtes späteres Leben bestimmen sollten. In diesem Sinne ist auch die Schulzeit in Neuchatel zu sehen, die der Vater dem aufgeweckten und an allem interessierten Sohn ermöglichte. Seine Mutter hätte ihn gerne als Pfarrer gesehen. 

Er aber folgte seinen technischen Neigungen und wählte ein Studium an der Maschinenbauschule in Chemnitz. Die obligaten Lehr- und Wanderjahre absolvierte Fritz Faudi in der Automobilindustrie. Er ahnte, dass sich hier bedeutende neue technische Entwicklungen anbahnten, an denen er teilnehmen wollte. So wurde aus dem anfänglichen Interesse eine Liebe zum Automobil, die dann kennzeichnend für seinen späteren beruflichen Weg wurde. Daneben drängte es ihn nach Selbstständigkeit und Unabhängigkeit. Dies führte zur Gründung des ersten Faudi-Unternehmens, den Fritz Faudi Spécialités pour l'Automobile in Brüssel; hier wurden wichtige Teile für Kraftwagen, wie Federschmierbolzen, Stoßdämpfer und Kolbenringe gefertigt. Die Arbeit an Stoßdämpfern begleitete ihn bis zum Ende seiner beruflichen Tätigkeit. Die hohe Funktionalität der Einzelteile sowie deren Qualität brachten es mit sich, dass das mittelständige Unternehmen vor dem Ersten Weltkrieg die gesamte europäische Automobilindustrie belieferte. Daraus entstanden Faudis gute Verbindungen zu allen Firmen der internationalen Fahrzeugindustrie. 

Wegen des Erfolges seiner technischen und unternehmerischen Leistungen genoss Fritz Faudi als frankophiler Deutscher in Brüssel hohes Ansehen. Mit Ausbruch des ersten Weltkrieges im August 1914 wurde diese erfolgreiche Entwicklung abrupt abgebrochen; Faudi kehrte nach Deutschland zurück. In dieser Zeit vor dem Krieg hatte Fritz Faudi engen freundschaftlichen Kontakt mit Rudolf Diesel; kurz vor dessen ungeklärtem Tod trafen sich beide zu einem persönlichen Gespräch, über dessen Inhalt Einzelheiten nicht überliefert sind. 

Es sei noch bemerkt, dass Faudi als Teilnehmer von Autorennen die Schwächen und Fehler der damaligen Kraftwagen kennenlernte. Also auch damals spielten Autorennen eine wichtige Rolle für die technische Fortentwicklung von Automobilen. Die politischen und militärischen Verwicklungen, die der Kriegsausbruch mit sich brachte, führten bei Fritz Faudi zu Handlungen, die nur aus der zur damaligen Zeit vorliegenden Verquickung von kosmopolitischem Empfinden mit nationaler Begeisterung zu verstehen sind. Er meldete sich bei Kriegsbeginn als Kriegsfreiwilliger mit 39 Jahren bei seinem Truppenteil in Aachen, wo er als Ausbilder für Kraftfahrer eingesetzt wurde. Beim Verlassen Brüssels hatte er dort sein neues Imperia-Auto versteckt. Nach der Besetzung Brüssels durch deutsche Truppen holte er dieses, um es seinem Truppenteil zur Verfügung zu stellen. 

1916 gelang es Faudi, in Köln eine neue Firma zu gründen. Dieser Umstand basierte wiederum auf seinem unermüdlichen Erfindergeist. Als Fahrer von Stabsoffizieren erlitt das Kraftfahrzeug eine Panne. Deren Ursache sofort erkennend, konstruierte Faudi daraufhin ein Kugelgelenk, wodurch die Funktionstüchtigkeit des Vergasers erheblich verbessert wurde. In der Kölner Firma „Faudi und Klauser“ mit 400 Beschäftigten wurden dann aber nur in kleinem Umfang Zubehörteile für Kraftfahrzeuge, statt dessen primär Rüstungsgüter wie Schlösser und Läufe für Maschinengewehre produziert. Der Zusammenbruch des Deutschen Reiches 1918 führte zum Ende der Firma 1920. Mit 45 Jahren erlebte Fritz Faudi damit zum zweiten Mal in seinem Leben das Ende seiner geschäftlichen Aktivitäten. Zuvor hatte Faudi 1917 seine Frau Margot, geb. Piechowicz, geheiratet. Sie war als Ehefrau eine sehr starke Stütze und Hilfe für ihn in schwierigen Zeiten. 

Das Ingenieurbüro Fritz Faudi und die Zusammenarbeit mit den Firmen Ehrenreich, Rheinmetall und Vereinigte Deutsche Metallwerke (VDM) 

1921 gründete Fritz Faudi erneut eine Firma, nämlich die „Fritz Faudi GmbH“ in Köln, eine Firma zur Fabrikation und zum Handel mit Automobilteilen aller Art, Maschinen, Werkzeugen und Massenfabrikate für die Metallindustrie, also einer Firma mit weitgespannter Produktionspalette. Gleichzeitig gründete er parallel ein selbständiges Ingenieurbüro; in diesem wollte er ungestört durch etwaige Notwendigkeiten einer produzierenden Firma Entwicklungen auf konstruktivem Gebiet vorantreiben. Die Arbeiten in diesem „Faudi Ingenieurbüro“ endeten erst 1952. Diese Doppelgleisigkeit - die Fabrikation von Teilen bei einem Hersteller einerseits und die selbständige Entwicklung und Verbesserung von interessanten Erzeugnissen der Maschinenbau­ Branche andererseits - ist kennzeichnend für den von Fritz Faudi in den folgenden Jahrzehnten eingeschlagenen Weg. Seine Erfolge sind sicher zum nicht geringen Teil auf die hieraus entstehende Wechselwirkung zurückzuführen. Faudis Wesenszüge, seine offene Art auf Menschen zuzugehen, begünstigten diese an sich ungewöhnliche Art unternehmerischen Handelns. 

Fritz Faudi verstand es immer wieder, geeignete Firmen zu einer Zusammenarbeit in der Konstruktion und Produktion zu gewinnen. Diese Firmen sollen hier kurz aufgeführt und das Charakteristische der Zusammenarbeit erläutert werden. So konnte Fritz Faudi die Firma Ehrenreich in Düsseldorf, die nach Ende des Krieges 1918 eine Umstellung auf Friedensprodukte anstrebte, zur Herstellung von Spur- und Schubstangen mit Faudi-Kugelgelenken bewegen. Die Zusammenarbeit mit Ehrenreich begann 1921 und lebte dann nach Kriegsende 1945 relativ rasch wieder auf. Da das Hauptwerk in Düsseldorf unzerstört blieb, konnte diese Firma bereits im September 1945 wieder mit 400 Mitarbeitern produzieren. Mit den Lizenzeinnahmen aus dieser Firma konnte Fritz Faudi bis zum Ende der Kooperation 1950 auf einer gesicherten Basis von Einkünften den Betrieb des Ingenieurbüros und der langsam wieder in Gang kommenden Faudi Feinbau GmbH in Oberursel sicherstellen. 

Im Mittelpunkt der gemeinsamen Tätigkeit mit der Firma Rheinmetall ab 1924 stand erneut die Verbesserung von technischen Abläufen bei der Herstellung und die Erhöhung der Qualität von Automobilteilen. Hier betraf es die bereits entwickelten und eingesetzten Kardanwelle und Kardangelenk. So wurde als Neuheit die Rohrkardanwelle anstelle der Vollwelle -entgegen der herrschenden Meinung der Fachwelt -entwickelt. Deren Produktion wurde 1925 in dem Werk der Rheinmetall in Sömmerda/Thüringen aufgenommen. Ähnlich wie bei Ehrenreich war Fritz Faudi gleichermaßen in der Produktion und im Vertrieb entscheidend tätig. Die Arbeiten in Sömmerda wurden durch persönliche Auseinandersetzungen mit leitenden Mitarbeitern der Firma Rheinmetall, die in Fritz Faudi einen unliebsamen Konkurrenten sahen, erschwert. 

Weitere Entwicklungen der regelbaren Luftfederung für Stoßdämpfer in Automobilen konnten durchgeführt werden; sie wurde erstmals in Personenkraftwagen und einem Lastwagen erprobt. Die Weltwirtschaftskrise beeinträchtigte zunächst auch Fritz Faudis Aktivitäten und Erfolge in dieser Firma. Erst das stürmische Wachstum nach 1933 auf militärischem und zivilem Gebiet infolge der Machtergreifung der Nationalsozialisten ließ allenthalben die Produktionen wieder zunehmen. So waren während des zweiten Weltkrieges 1939 - 1945 im Werk Sömmerda 4000 Personen mit der Herstellung von Kraftfahrzeugteilen beschäftigt. 1935 schloss Fritz Faudi einen neuen Lizenzvertrag mit Rheinmetall ab. Neben vielen günstigen Bedingungen für Fritz Faudi enthielt dieser Vertrag eine entscheidende Klausel, die ihm später zu großem Nachteil erwuchs. Danach durfte „Herr Faudi während der Dauer dieser Vereinbarung und nach ihrem Ablauf Kardanwellen und Kardangelenke nicht selbst, im eigenen oder fremden Betrieb herstellen oder sich an deren Herstellung beteiligen; an anderen Stellen als bei Rheinmetall erzeugte Kardanwellen und Kardangelenke darf Herr Faudi auch nicht selbst vertreiben oder sich an deren Vertrieb irgendwie beteiligen.“ Dieser Vertrag sollte 1946 enden. Wegen des aufgeführten Passus waren Fritz Faudi aber danach die Hände gebunden, nun mit anderen Partnern über Kardanwellen und Kardangelenke zu arbeiten. 

Die anfängliche Zusammenarbeit mit Ehrenreich und Rheinmetall auf dem Gebiet der Luftfederung wurde wegen der Weltwirtschaftskrise 1929 - 1932 nicht weiter verfolgt. Es hatte sich bereits früher angedeutet, dass das Faudi-Luftfederbein sehr gut für Flugzeuge geeignet war. Im Zusammenhang mit der schon genannten Aufrüstung wurden nun auch Entwicklungsarbeiten für die Luftfahrt kräftig gefordert. Die Vereinigten Deutschen Metallwerke VDM (Altena) schlossen mit Fritz Faudi im Hinblick auf dessen erfolgreichen Vorarbeiten einen Vertrag über die Entwicklung, die Herstellung und den Vertrieb von Luftfederbeinen und Luftbremsen für Fahrzeuge und Spezialfahrgestelle ab. Es ergab sich damit die überraschende Situation, dass der Automobilfachmann auch in der Flugzeugindustrie Fuß gefasst hatte. Die von VDM herzustellenden Produkte sollten im Werk Heddernheim in Frankfurt am Main angefertigt werden. So zog Fritz Faudi von Düsseldorf nach Falkenstein im Taunus um, wo er wieder Grund- und Hauseigentümer werden konnte. 

1933 begann eine langjährige, enge Zusammenarbeit mit VDM, die bis 1945 dauerte und für beide Seiten erfolgreich war. Das Faudi Luftfederbein konnte sich auf dem Markt gegen Konkurrenz aus England und den USA erfolgreich durchsetzen. Infolge der beschränkten Kapazität des Heddernheimer Werkes der VDM mussten deshalb Unterlizenznehmer für dessen Herstellung hinzugezogen werden. Das Luftfederbein wurde in dieser Zeit noch nicht in das Automobil eingeführt. 

Die Zusammenarbeit mit englischen Lizenzpartnern 

Fritz Faudi war stets sehr bemüht, mit ausländischen Geschäftspartnern zusammen zu arbeiten. Neben den technischen Interessen hatte er immer den Wunsch, Menschen aus anderen Lebenskreisen und aus anderen Ländern mit unterschiedlichen Kulturen kennen zu lernen und sich mit ihnen auszutauschen. Hierzu war seine Auslandstätigkeit vor dem Ersten Weltkrieg ein erster Anstoß. Zu seinen bereits bekannten frankophilen Neigungen kamen nun anglophile hinzu, indem er das Zusammengehen mit englischen Firmen anstrebte. Mit den drei folgenden englischen Firmen baute er beginnend 1933 die Zusammenarbeit auf: 

Turner’s Motor Manufacturing 

Diese Firma rnit Sitz in Wolverhampton (England) hatte 1933 die Lizenz für die Luftfederbeine und andere Einzelteile erhalten. Sie konnte sich aber trotz guter persönlicher Zusammenarbeit mit Faudi nur schwer gegen die Konkurrenz aus dem eigenen Land behaupten. Während des Krieges wurden Faudi-Luftfederbeine in größeren Stückzahlen für die Air Force gebaut. 

Aircraft Components Ltd. 

Mit dessen leitendem Direktor G.H.Dowty entwickelte sich eine intensive Zusammenarbeit. Für das Hauptprodukt dieser Firma in Cheltenham (England), nämlich hydraulische Fernbetätigungsanlagen, kam 1934 eine exklusive Übertragung von Schutzrechten an Fritz Faudi zustande. Der entsprechende Nachbau wurde an VDM mit beträchtlichem wirtschaftlichen Nutzen für Fritz Faudi vergeben. Dowty bemühte sich nach dem Kriege - wie viele andere Firmen -, auf dem zivilen Sektor wirtschaftlich erfolgreich zu werden. So wurde von ihm 1949 der hydraulische Grubenstempel aus Stahl im englischen Kohlebergbau eingeführt. Faudi übernahm diese neue Konstruktion und entwickelte eine Variante in Leichtmetallausführung aus einer Aluminiumlegierung. 

M R.C und Telekin 

Die Firma M.R.C. in London hatte eine hydraulische Fernbetätigung entwickelt, die dem System von Dowty überlegen war; dafür hatte sie 1935 ein Grundpatent in Deutschland angemeldet. Das Ingenieurbüro Faudi erhielt wegen seines international guten Ansehens die von mehreren Interessenten begehrten Schutzrechte 1940 für Deutschland und daraus resultierend die ausschließlichen Herstellungs- und Vertriebsrechte für Deutschland. Trotz Ausbruch des Krieges wurden die Beziehungen und Verhandlungen mit englischen Firmen in herzlichem und sich gegenseitig respektierendem Ton weiter gepflegt, so als ob das mit nationalsozialistischer Ideologie befrachtete Dritte Reich gar nicht vorhanden wäre. Mit Einschaltung eines holländischen Geschäftspartners kam es im Oktober 1940 (die Luftschlacht um England war in vollem Gange) zum Abschluss eines Lizenzvertrages. Die Firma Telekin wurde 1940 in Baden-Baden für die Herstellung und den Vertrieb des Produktes „Teleflex“ gegründet. Um eine erfolgreiche Arbeit zu gewährleisten, richtete Fritz Faudi deshalb in Berlin ein Zweigbüro ein. Während der materielle Nutzen aus diesem Geschäft für Fritz Faudi nur mäßig war, stieg dafür das Ansehen seines Ingenieurbüros beträchtlich. Die während des Krieges mit M.R.C. vereinbarten Lizenzpauschalen wurden 1954 und 1955 freiwillig von Fritz Faudi in beträchtlichem Umfang trotz schwieriger wirtschaftlicher Situation bezahlt. Die Verbindung mit M.R.C. konnte nach dem Krieg nicht erneut aktiviert werden. 

Die Zusammenarbeit mit der Firma Rellumit 

1936 nahm Fritz Faudi erste Kontakte zu Jacques Muller auf, der in einem Vorort von Paris ein Unternehmen besaß. Jacques Muller wurde auch „Tüftler von Paris“ genannt. Sein Arbeitsgebiet betraf Zubehörteile für das Automobil, für den Maschinenbau und Flugzeuge; die Betankung von Autos und Flugzeugen gehörte auch dazu. Auf dem letztgenannten Arbeitsgebiet wurden vor allem verschiedene Filter-Systeme entwickelt und vertrieben. Ein erster Lizenzvertrag Rellumit-Faudi wurde 1937 geschlossen, aus welchem sich eine 30 Jahre dauernde Geschäftsbeziehung entwickelte. Dieser Beginn mit Rellumit führte dann zur Gründung einer eigenen Produktionsgesellschaft, der „Faudi­ Feinbau GmbH“ (1938/1939) mit Sitz in Oberursel/Taunus; neue Fabrikbauten wurden dort errichtet. 

In Jacques Muller und Fritz Faudi trafen zwei Menschen mit ähnlichen Eigenschaften zusammen. Sie waren beide verliebt in die Technik, stolz auf ihre Leistungen in jungen Jahren, besaßen beide eigene Firmen und genossen ein beträchtliches Ansehen in Fachkreisen. Das Zusammentreffen dieser beiden Persönlichkeiten mit ausgeprägtem Charakter führte oft zu heftigen Auseinandersetzungen. Hier prallten nicht nur zwei Partner unterschiedlicher Nationalität (stolzer Franzose - guter Deutscher) aufeinander, sondern zwei „Patrons“ - jeder dünkte sich etwas besser als der andere. Schließlich versicherten sie sich aber immer wieder größte gegenseitige Hochachtung und den Willen zu guter Zusammenarbeit. Im Grundvertrag, der auf einem Basispatent über Flüssigkeitsfilter mit federnder Spannscheibe (Scheibenfilter) beruhte, waren keine klaren Regelungen und Abgrenzungen getroffen worden. So kam es immer wieder zu Streitigkeiten über Weiterentwicklungen von modernen Filtereinrichtungen, die durch die militärische Aufrüstung und den Beginn des Krieges sehr gefragt wurden. Dies betraf vor allem die Großfilter für die Betankung von Flugzeugen. Bereits im August/September 1940, nach Beendigung der militärischen Auseinandersetzung mit Frankreich, wurden die Kontakte wieder aufgenommen. Diese hervorzuhebende Tatsache war begleitet von einem unveränderten Verhalten der beiden Partner. Fritz Faudi und seine Mitarbeiter leisteten Hilfe beim Aufrechterhalten des Produktionsbetriebs von Rellumit. Bis 1944 war diese Firma an Aufträgen für Faudi beteiligt. Lizenzgebühren wurden bis 1944 abgewickelt. Bei Auseinandersetzungen zwischen den Mitarbeitern beider Partner bezüglich der jeweiligen Anteile bei Neu- und Weiterentwicklungen wirkte Fritz Faudi immer mäßigend und wies auf die Notwendigkeit einer konstruktiven Zusammenarbeit hin. 

Fritz Faudi unterstützte auch in menschlichen Angelegenheiten seinen Partner Jacques Muller. Er sorgte dafür, dass französische Kriegsgefangene in Deutschland, die von Jacques Muller genannt wurden, eine besondere Betreuung erhielten. Einige französische Techniker wurden im Ingenieurbüro von Fritz Faudi aufgenommen. 

Nach dem Krieg waren beide Seiten sehr daran interessiert, die Zusammenarbeit zu verstärken. Jacques Muller hatte mit seiner Familie und seinem Geschäftsbetrieb den Krieg gut überstanden. Fritz Faudi war in der ersten Nachkriegszeit durch die unten noch zu erläuternde Entnazifizierung körperlich und seelisch sehr stark belastet. Schwierigkeiten bei der Fortführung der Zusammenarbeit mit Muller in dieser Zeit ergaben sich dadurch, dass dieser außer den Lizenzgebühren, die zweifelsfrei auf seinen Schutzrechten beruhten, auch für die von Faudi während des Krieges entwickelten Konstruktionen Gebühren beanspruchte. In neuen Verträgen wurde eine Klarstellung erzielt. Der Geschäftsführer R. Petermichel entlastete Fritz Faudi in hohem Maße bei den schwieriger werdenden Verhandlungen mit Jacques Muller, der zunehmend ein arrogantes und selbstherrliches Verhalten an den Tag legte. Ein gewisses psychologisches Hindernis lag darin, dass auf Grund der ersten Schutzrechte von Muller die Faudi Feinbau GmbH in Oberursel gegründet und zum Laufen gebracht wurde. Weiterentwicklungen und viele Neuentwicklungen in der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem Kriege beruhten jedoch eindeutig auf eigenen Ideen von Mitarbeitern der Faudi Feinbau; sie lagen in erheblichem Maße auf ganz anderen Filtergebieten als denen von Rellumit. 

Die Faudi Feinbau GmbH hatte außer der genannten Aufgabe, nämlich die Herstellung und den Vertrieb von Flüssigkeitsfiltern gemäß den Vereinbarungen mit Rellumit, die Anfertigung und Erprobung von neuen im Ingenieurbüro entwickelten technischen Geräten zu besorgen. So umfasste das Produktionsprogramm in den Jahren 1938 bis 1945 folgende Erzeugnisse: Faudi-Muller Hochleistungsfilter für Treibstoffe und Schmieröl, Großfilter für Tauchanlagen und die chemische Industrie sowie Faudi­Stoßdämpfer für Segelflugzeuge. In der genannten Zeit waren bis zu 350 Personen beschäftigt, mit denen zwei bis drei Millionen Reichsmark Umsatz erzielt wurde. 

Der letzte Lebensabschnitt von Fritz und Margot Faudi im Taunus 

Fritz und Margot Faudi hatten inzwischen einen privaten Besitz in Falkenstein/Taunus in der Nähe von Oberursel erworben und dort eine herrschaftlich ausgestattete Villa in modernem Baustil errichtet. Mit Hilfe von Emil Brauer als kaufmännischem Leiter der Firma war Fritz Faudi ein wohlhabender Mann geworden und erfreute sich eines hohen Ansehens in seinem letzten Wohnort Falkenstein. Er pflegte Geselligkeit und liebte Musikabende. 

Besonders erwähnenswert ist der Umstand, dass Fritz Faudi sowohl den Erwerb des persönlichen Besitzes in Falkenstein als auch den Bau der Betriebsstätten für die Firma Feinbau in Oberursel ohne die Aufnahme langfristiger Darlehen/Hypotheken geschafft hat. Bei bescheidenem persönlichen Lebensstil wurden Gewinn und Einnahmen immer wieder in neue technische Entwicklungen und Betriebseinrichtungen investiert. 

In der Personalpolitik hinsichtlich seiner leitenden Mitarbeiter hatte Fritz Faudi nicht immer eine glückliche Hand. In spontaner Weise stellte er neue Mitarbeiter ein ohne Abstimmung mit den vorhandenen bewährten Mitarbeitern. Das führte dann zu Reibereien und öfterem Wechsel in der Firmenleitung, worunter die geschäftlichen Erfolge litten. Auf der anderen Seite zeigte Fritz Faudi immer wieder ausgeprägtes soziales Verhalten sowie persönliche Fürsorge für seine Angestellten.

Da das Ehepaar Faudi keine Kinder hatte, sorgte es sich um eine geeignete Nachfolge für Fritz Faudi. Hierfür war sein Neffe Hans Faudi als einziger Verwandter von ihm ausersehen; er fiel in Stalingrad. Da Fritz Faudi unter den leitenden Mitarbeitern niemand für die Nachfolge ausmachen konnte, schaute er sich nach geeigneten Persönlichkeiten um. So dachte er an den bekannten Jagdflieger Werner Mölders; dessen Hochzeit hatte in Fritz Faudis Anwesen in Falkenstein stattgefunden. Zwei Monate später stürzte Mölders tödlich ab. Darauf zog Fritz Faudi den Generalstabsingenieur der Luftwaffe Roluf Lucht in Erwägung, den er seit Jahren als „hochanständigen sauberen Menschen und tüchtigen Ingenieur“ kannte. Als Versuchsflieger bei Messerschmitt wurde Roluf Lucht kurz vor Kriegsende abgeschossen. Fritz Faudi erhielt 1941 den Titel eines Wehrwirtschaftsführers; hierdurch bekam er nach dem Krieg erhebliche Schwierigkeiten. Er nahm diese Ehrung an, obwohl er sicher kein Parteigänger des Nationalsozialismus war. Sie war für ihn die Anerkennung seiner persönlich erbrachten Leistungen auf verschiedenen technischen Gebieten. 

Das Werk in Oberursel war bei Kriegsende nicht zerstört; es wurde versucht, den Betrieb in Richtung Osten auszulagern. Man kam aber nicht weiter als bis zum Vogelsberg. Die Produktionsstätten in Oberursel wurden von der amerikanischen Besatzungsmacht beschlagnahmt. 

Die ersten Jahre nach dem 2. Weltkrieg 

Diese Zeit nach dem verlorenen Krieg brachte viele Widrigkeiten mit sich. Das Ende des Nationalsozialismus belastete die menschlichen Beziehungen bei den Prozeduren der Entnazifizierung. Die Besatzungsmächte beschlagnahmten das Werk der Faudi Feinbau zusammen mit dem Privatbesitz von Fritz Faudi für fünf Jahre. In dieser Zeit wurde die Produktion und das Ingenieurbüro mit 15 – 20 Personen an anderer Stelle provisorisch untergebracht. An die Militärregierung wurde ein Antrag auf Wiedereröffnung des Produktionsbetriebes und des Ingenieurbüros gestellt; es sollten Treibstofffilter für Ackerschlepper und Gasmischer für generatorbetriebene Fahrzeuge hergestellt werden. Fritz Faudi erfuhr eine für ihn demütigende Behandlung durch die Besatzungsmacht: 1945 saß er sieben Wochen im Gefängnis und drei Monate in einem Internierungslager der Amerikaner im Taunus. Es wurde ihm vor allem die erwähnte Ernennung zum „Wehrwirtschaftsführer“ angelastet. In einem langjährigen Prozess der Entnazifizierung vor Gerichten wurde er schließlich 1948 in einer Berufungskammer und Spruchkammer als sog. Mitläufer eingestuft. Als Wiedergutmachung wurde ihm auferlegt, 90.000 Reichsmark an einen entsprechenden Fonds abzuführen und 15.000 Quadratmeter seines Falkensteiner Besitzes an Flüchtlinge und andere Ansprüche abzugeben. Ab 1949 konnte Fritz Faudi wieder Geschäftsführer sein und sein Vermögen wurde freigegeben. Nach dieser mit Bitternis gefüllten Zeit gelang es Fritz Faudi im Alter von 74 Jahren, die Depressionen zu überwinden und wieder zu kämpfen. Während dieser schwierigen Jahre erschwerten allerdings gewisse negative Eigenschaften seines Naturells den Ablauf der Dinge. So war er oft ungeduldig und ließ Mitarbeiter und Mitstreiter fallen, wie im Falle der Entnazifizierungsverfahren die Anwälte; oder er trennte sich von ihnen oder überging sie. Unter seiner Spontanität litt die Treue zu leitenden Mitarbeitern.

Die letzten Jahre Fritz Faudis 

Von den zwölf im Ingenieurbüro arbeitenden Personen war ein Teil in der Hauptsache für die Faudi Feinbau GmbH tätig. Etwa fünf Mitarbeiter waren mit den Neuentwicklungen beschäftigt; dazu gehörte u.a. die Luftfederung für Motorräder. Trotz intensiver Versuche gelang es aber nicht, ein System zu entwickeln, das für eine notwendige Dauerbelastung geeignet wäre. 

Erfolgreicher waren dagegen Arbeiten am Grubenstempel, der im Bergbau allgemein, im Steinkohlenbergbau insbesondere einsetzbar sein sollte. Fritz Faudi hatte hierfür einen Stempel in Leichtmetallbauweise entwickelt, wie oben bereits erwähnt. Mit diesem Gerät kam es zu einem Vertrag mit der Firma Klöckner Bergbau AG und einer neu gegründeten Fritz Faudi KG, an der mehrere Partner beteiligt waren, welche die Produktion und den Vertrieb besorgen sollten. Dieses Unternehmen hatte einige wirtschaftliche Erfolge aufzuweisen. 

Aus Anlass seines 75 . Geburtstages erhielt Fritz Faudi eine hohe Auszeichnung: Seine Heimatgemeinde Falkenstein verlieh ihm die Ehrenbürgerschaft. Damit sollte die Hochachtung, der Respekt und die Beliebheit zum Ausdruck gebracht werden, die Fritz Faudi allenthalben genoss. Das betraf sowohl die Zeit vor dem Zusammenbruch des Dritten Reiches als auch die Zeit des Wiederaufbaus nach dem Kriege. In gewisser Weise bedeutete die Ehrenbürgerschaft eine Wiedergutmachung der erlittenen Anfeindungen und Widrigkeiten in den Nachkriegsjahren. Sein schönes Anwesen in Falkenstein konnte Fritz Faudi nach der Freigabe 1954 wegen der Größe des Geländes und der hohen Unterhaltskosten bis zu seinem Tode nicht wieder in Besitz nehmen.  

Bei den Überlegungen um die Nachfolge von Fritz Faudi in seinen Werken beschloss das Ehepaar Faudi, nach dem Tod beider Ehepartner das Erbe in eine gemeinnützige Stiftung einzubringen, mit deren Hilfe wissenschaftliche Forschungsprojekte an der Technischen Hochschule Darmstadt gefördert werden sollten. Die von Frau Margot Faudi nach Fritz Faudis Tod zusammen mit den Testamentsvollstreckern entwickelte Verfassung der „Fritz und Margot Faudi-Stiftung“ sollte Forschungsprojekte ermöglichen, die sich mit der Verfahrenstechnik für die Reinhaltung von Boden Luft und Wasser sowie der Entwicklung neuer Energie-Ressourcen beschäftigen. Diese Idee hat ihren Ursprung in den Jahren um 1955! 

Seinen 80. Geburtstag beging Fritz Faudi festlich in Anwesenheit der Belegschaft seines Werkes und von Vertretern der Landesregierung, des Kreises und der Stadt. Fritz Faudi starb am 12. August 1955 ruhig und ohne Krankheit. 

Weitere Entwicklung der Faudi Feinbau GmbH 

Die Firma Faudi Feinbau GmbH konnte zusammen mit der Atlantik Gerätebau GmbH in Stadtallendorf als Tochterunternehmen in den folgenden Jahren unter der Leitung mehrerer Geschäftsführer durch Neuentwicklungen und die Verbesserung vorhandener Produkte wirtschaftlich gute Ergebnisse erzielen. Als neue Filterkonstruktionen sind zu nennen: Filterwasserabscheider, Unterdruckfilter und Anschwemmfilter. Neue Anwendungsgebiete wurden erschlossen, wie die Betankung von Jet-Flugzeugen, Funkenerosion, Walzölreinigung und Galvanik. Mit bis zu 320 Beschäftigten blieb Faudi ein mittelständisches Unternehmen, in dem der Anteil der Angestellten überwog infolge des immer größer werdenden Umfangs an Ingenieurarbeiten. 

Nach dem Tod von Frau Margot Faudi 1969 wurde die „Fritz und Margot Faudi-Stiftung“ errichtet. Mit deren Hilfe wurden bis 1991 25 Forschungsvorhaben an der Technischen Hochschule Darmstadt mit rund 2,5 Millionen DM gefördert. Die Wachsamkeit der Testamentvollstrecker Wilhelm Lehmann, Gottfried Michelmann und Albrecht Stockburger verhinderte, dass die Firma Faudi Feinbau GmbH in ernste Schwierigkeiten geriet. Durch geschickte Verhandlungen mit der Firma Knecht Filterwerke GmbH in Stuttgart konnten sie dafür sorgen, dass die Firma Faudi Feinbau in einem größeren Verband aufging. Auf diese Weise wird die Faudi Feinbau für zukünftige Entwicklungen besser abgesichert. Die Firma Knecht übernahm alle Anteile der Fritz und Margot Faudi-Stiftung an der Faudi GmbH. Faudi­Filtersysteme werden in einem Tochterunternehmen der Firma Knecht in Stadtallendorf (Oberhessen) weiterhin erfolgreich entwickelt und produziert. Durch den genannten Verkauf vermehrte sich das Stiftungsvermögen, so dass die in der Verfassung der Stiftung vorgesehenen Forschungsvorhaben in noch höherem Maße als bisher gefördert werden können. Bis Ende 1997 wurden 6,68 Millionen DM für Forschungsprojekte bewilligt. Die Technische Hochschule Darmstadt hat den Einsatz und die Leistungen von Wilhelm Lehmann und Gottfried Michelmann durch die Verleihung der Würde eines Ehrensenators anerkannt. 

Dieser Artikel wurde 1997 von Professor Fritz Fetting verfasst. Er konnte sich hierfür auf eine 1995 erschienene, umfangreiche Darstellung „Fritz Faudi und seine Unternehmen“ von Herrn Diplom-Kaufmann Kurt Pfalzgraf sehr wesentlich stützen. Diese Dokumentation von Herrn Pfalzgraf beruht auf der gründlichen Studie einer großen Zahl von hinterlassenen Schriftstücken. 

Zeittafel 

1875 Fritz Faudi geboren in Grenzach/Lörrach
1893 Studium des Maschinenbaus in Chemnitz Lehr- und Wanderjahre in der Automobilindustrie
1913-1914 Gründung der 1.Firma „Fritz Faudi Spécialitiés pour l'Automobile“ in Brüssel Wichtige Teile für Kraftwagen
1914 Kriegsfreiwilliger
1916 - 1920 2. Firma in Köln Rüstungsgüter
1921 3. Firma in Köln Fabrikation von Automobilteilen aller Art
1921 – 1952 Gründung und Betrieb des eigenständigen Faudi-lngenieurbüros
1921 – 1950 Zusammenarbeit mit der Firma Ehrenreich Geräte mit Faudi-Kugelgelenken
1924 – 1945 Zusammenarbeit mit der Firma Rheinmetall Kardanwelle und Kardangelenk Entwicklung Stoßdämpfer mit Luftfederung
1933 – 1945 Zusammenarbeit mit der Firma Vereinigte Deutsche Metallwerke (VDM) Luftfederbein und Luftbremsen
1933 – 1955 Zusammenarbeit mit der Firma Turner's Motor Manufacturing (England) Luftfederbein 
1934 – 1951 Zusammenarbeit mit der Firma Aircraft Components Ltd. (England) Hydraulische Fernbetätigungsanlage Hydraulischer Grubenstempel für den Bergbau
1940 – 1945 Zusammenarbeit mit der Firma M.R.C. (London) Hyydraulische Fernbetätigungsanlagen
1936 – 1967 Zusammenarbeit mit der Firma Rellumit (Paris) Filtersysteme Großfilter für die Betankung von Flugzeugen
1938 – 1991 Gründung und Betrieb der eigenen Produktionsgesellschaft Faudi Feinbau GmbH in Oberursel (Taunus) Hochleistungsfilter für Treibstoffe und Schmieröl Großfilter für Tauchanlagen und die Chemische Industrie Grubenstempel ausAluminium
1955 Planung der Fritz und Margot Faudi-Stiftung
1955 Tod von Fritz Faudi in Oberursel
1969 Errichtung der Fritz und Margot Faudi-Stiftung
1991 Verkauf der Faudi Feinbau GmbH an die Firma Knecht Filterwerke GmbH